Headhunting in Corona-Zeiten – aus Sicht einer Researcherin

Innerhalb kürzester Zeit hat das doch physisch so kleine Corona-Virus unser aller Leben auf den Kopf gestellt. Auch mein Arbeitsalltag als Researcherin bleibt hiervon natürlich nicht verschont.
Die offensichtlichste Veränderung ist wohl, dass sich mein Weg ins Büro deutlich verkürzt hat: Anstatt die gut 2 km mit dem Fahrrad in unser Office zurückzulegen, klappe ich nun morgens gleich nach dem Frühstück den Laptop in meiner zum Homeoffice umfunktionierten Wohnküche auf – in der Gewissheit, dass es den meisten meiner Kandidaten in spe ähnlich ergeht.
Doch welche Auswirkungen hat die Situation konkret auf meine Arbeitsprozesse? Läuft alles ab wie immer? Nicht ganz! Schon beim telefonischen Identen an den Unternehmens–zentralen wird deutlich: Die Stimmung hat sich verändert. Man kommt ins Plaudern, fragt einander wie es so geht. Man tauscht sich aus über die Überlastung der Internet-Telefonie oder über die geisterhafte Atmosphäre, die wie ausgestorben wirkende Räumlichkeiten so mit sich bringen. Und über die Ungewissheit – was wird noch auf uns zukommen? Eine beiläufige Frage nach einer Handynummer erscheint im Laufe des Gesprächs dann gar nicht so außergewöhnlich. Natürlich sind alle zu Hause. Ungewöhnliche Zeiten erfordern ungewöhnliche Kommunikationswege.
Die erste Hürde ist also erfolgreich gemeistert. Doch wie reagieren die Kandidaten? Meine Kollegen und ich erleben unterschiedliche Reaktionen in den verschiedenen Branchen: Während die Konsumgüterindustrie von einer hohen Geschäftigkeit bei gleichzeitig guter Erreichbarkeit und Neugierde im Homeoffice geprägt ist, steigt die Gesprächsbereitschaft von Kandidaten auch in der Tourismusbranche – hier jedoch vorrangig getrieben von Existenzsorgen. Eine erschwerte Erreichbarkeit sowie auch Zurückhaltung in der Wechselbereitschaft verspüren wir unter anderem in der Automobilbranche. Die Sorge vor einer Probezeit in unsicheren Zeiten wie diesen schwingt spürbar mit. Und für alle Branchen gilt: Die Frage nach der Krisenfestigkeit unserer Kunden wird schnell gestellt. Werden die Unternehmen die Corona-Zeit halbwegs unbeschadet überstehen und können somit einen sicheren Arbeitsplatz bieten? Insbesondere dem Wechsel in ein kleineres Unternehmen steht man eher skeptisch gegenüber.
Ist man sich einig und sind beide Seiten interessiert, stellt sich auch die Frage nach dem weiteren Prozess. Nicht nur wir als Personalberater vermissen das persönliche und intensive Gespräch mit unseren Kandidaten und Kunden am Tisch sehr, denn auch das beste Videotool erreicht nicht die Stimmung und Dynamik des persönlichen Kontaktes. Wird eine finale Einstellung ohne persönlichen Kontakt für unsere Kunden überhaupt vorstellbar sein? Hierüber wird wohl auch die Dauer der Situation entscheiden.
Wie hat sich Ihr Arbeitsalltag verändert? Würden Sie in der aktuellen Situation den Job wechseln? Wie erleben Sie die Ansprache von Headhuntern in Corona-Zeiten? Ich freue mich auf Ihre Kommentare!
Über den Autoren:

Lena Scheffel